Cordula Natusch (Expertenbuch schreiben) ist eine wunderbare Kollegin. Unter anderem liebe ich ihre jährliche Blogparade zum besten Sachbuch. Daran habe ich 2020 schon teilgenommen – mit großem Spaß. Denn allein die kurze Grübel-Phase: „Welche drei Sachbücher soll ich denn dieses Jahr empfehlen?“ bringt mir selbst ein bisschen Klarheit in all der Bücherflut, die mir das ganze Jahr über so unter die Augen und in die Finger gekommen sind (auch, wenn ich sie vielleicht nicht sofort nach Erscheinen gelesen habe …). Für 2021 habe ich entschieden:
Diesmal soll es nur um Sachbücher rund ums Schreiben gehen – also: Hier mein Beitrag zu #bestessachbuch2021
Wertschätzend korrespondieren
Mein Tipp Nummer eins ist gleichzeitig das aktuellste Buch, gerade mal Mitte Juni 2021 erschienen. Es hat den schnörkellosen Titel Wertschätzend korrespondieren, erschienen bei tredition. (Und nein: Bei diesem Buch hatte ich ausnahmsweise meine Finger nicht mit im Spiel!) Untertitel: „Wie Sie mit Wissen, Einfühlung und Respekt erfolgreiche E-Mails und Briefe schreiben“. Dieses Buch von Anke Fröchling ist für mich ein wunderbares Beispiel dafür, wie jemand mit sehr viel Kompetenz bei einem nur scheinbar harmlosen Thema derart in die Tiefe gehen kann, dass mir beim Lesen schier die Spucke wegblieb.
Warum hat es mich so beeindruckt? Das hat mehrere Gründe. Zum einen, dass ich das Gefühl habe, das Thema gewinnt immer mehr an Bedeutung, je dünnhäutiger wir alle werden … Corona und andere Katastrophen fordern uns heraus. Und was dabei ganz schnell auf der Strecke bleiben kann, ist das, was früher eher Respekt oder Höflichkeit genannt wurde, heute mit „Achtsamkeit“ oder „Wertschätzung“ sehr viel mehr Facetten umfasst als einfach „nur“ Höflichkeit. Nein, Anke Fröchling schreibt nicht über das Verfassen von Tweets oder anderen SoMe-Posts (obwohl auch das mal bitter notwendig wäre!) Sie konzentriert sich auf das, was sie kann – denn sie ist auch Trainerin für berufliches und wissenschaftliches Schreiben.
Es geht um die Korrespondenz aus beruflichen Gründen. Und doch habe ich in meiner Rezension dieses Buch das „kleine Einmaleins der Kommunikation“ genannt. Denn es kann und zeigt so viel mehr als nur das formvollendete Verfassen von Mails oder Briefen… Genau das ist der zweite Grund, aus dem mich das Buch so beeindruckt hat. Bei der Frage nach der Wertschätzung geht Fröchling nämlich gnadenlos bis ganz runter, an die Wurzeln sozusagen: Sie fragt nach uns selbst, den Quellen unserer Wertschätzung (oder eben deren Fehlen). Da gelten recht klare Prinzipien. Und zwar für jede:n Einzelne:n, für uns selbst, unser Gegenüber ebenso wie für die Unternehmen, in denen oder für die wir arbeiten. Erst, wenn wir wenigstens ansatzweise erkennen können, wie wir, der oder die jeweils Anderen „ticken“, kann Wertschätzung überhaupt stattfinden. Und Fröchling zeigt uns tatsächlich, wie wir das schaffen können. Ganz praktisch, pragmatisch, Schritt für Schritt. Und wenn wir das endlich für unsere berufliche Korrespondenz (wieder) gelernt haben, dürfte es eigentlich niemandem schwerfallen, die gelernten Prinzipien auch in anderen Kommunikationsbereichen anzuwenden. Und ich finde: Das ist sehr viel! Ehrlich: Das hatte ich nicht erwartet. Darum erst recht: ganz dicke Empfehlung! (Mehr über das Buch aus meiner Sicht, einschließlich Bestellmöglichkeiten hier.)
Leben – Schreiben – Atmen
Tipp Nummer zwei fällt mir fast ein bisschen schwer … Es gibt so Bücher, bei denen wünscht man sich heimlich, man hätte sie selbst geschrieben, hätte sie schreiben können … Doch das ist in diesem Fall völlig illusorisch. Denn – absolut berechtigt! – hat Doris Dörrie eine Bekanntheit, die ich weder erreichen kann noch will. (Obwohl wir ein Jahr lang tatsächlich beide die Münchner Film- und Fernsehhochschule besucht haben, an der sie heute auch lehrt …) Ob dieser Bekanntheit interessieren sich Leserinnen und Leser sicher auch für das, was sie – in diesem Buch oft recht privat – zu erzählen hat. Doch das ist eigentlich gar nicht der Punkt. Sie möchte uns aus tiefster Überzeugung zum Schreiben verführen. Und sie ist und bleibt für mich vor allem eines: eine rundum wunderbare Erzählerin – ganz egal, ob in Film- oder Buchform. Ich glaube, sie kann gar nicht anders … Das Buch, um das es hier geht, ist schon Ende 2019 erschienen und eine „Einladung zum Schreiben“, der man meiner Ansicht nach kaum widerstehen kann („Leben – Schreiben – Atmen“, so sein Haupttitel.)
Was ich an diesem Buch so großartig finde, ist Dörries Mischung aus eigenen, sehr persönlichen, ganz assoziativen Geschichten und den gar nicht zeigefinger-mäßigen Aufforderungen zum Selberschreiben. Das gesamte Buch ist Spielanleitung, Spiel und Ernst zugleich. Das hat eine Leichtigkeit, auf die ich manchmal neidisch werden könnte … Aber vermutlich ist diese Leichtigkeit ebenso hart erarbeitet wie das meiste, was wir schreiben können. In jedem Fall: Dieses Buch macht Spaß, macht Mut. Und ist so notwendig wie das Atmen. Für mich jedenfalls. Etwas mehr darüber (inklusive Bestellmöglichkeit) habe ich hier geschrieben.
Musenküsse
Ich glaube ja ganz und gar nicht an den berühmten „Musenkuss“ … Halte diese seltsamen Musen-Fräulein eher für eine Erfindung männlicher Nicht-Genies, um eine bequeme Ausrede bei Schreibblockaden aller Art zu haben. Trotzdem findet man meinen dritten Buchtipp, wenn man bei dem kleinen, feinen Schweizer Verlag Kein & Aber eben das Wort Musenküsse eingibt. Oder besser gleich den Namen des Autors: Mason Currey. Drei Bücher hat die kleine Reihe schon … alle nicht ganz neu. Aber – für mich – ungebrochen vergnüglich. Denn da kommen Kreative (nicht NUR Schreibende, aber auch) zu Wort und erzählen von ihrer Inspiration – oder eben nicht. Vom Musenkuss, der ausbleibt. Oder von seltsamen Ritualen, ihrer Angst vorm Schreiben, vom Duschen und von bequemen Schuhen …
2019 erschien mit „Mein kreatives Geheimnis sind bequeme Schuhe“ der dritte Band der kleinen Reihe. Da geht es ausschließlich um kreative Frauen. Dieses Buch habe ich hier mal etwas näher beleuchtet, mit Zitaten und Bestellmöglichkeiten (und dem bei mir inzwischen fast unvermeidlichen Bezug zum Eigensinn …)
Danke, liebe Cordula, für diese erneute Chance, meine „Lieblinge“ aus dem Sachbuchmarkt öffentlich zu sortieren!