Ich mache ja grad noch eine Ausbildung zum systemischen Coach … Und dabei sind angemessen interessierte, immer offene Fragen mit der zu mir passenden Haltung, freundlichem Fingerspitzengefühl, mit Nähe, Distanz UND Respekt, das A und O. Darum wimmelt es bei mir zur Zeit in allen Blogs nur so zu Fragen rund um das gute, das neue, das augenzwinkernde, das offene, das philosophische Fragen …
Da ist zum Beispiel die Sache mit der Maus … Bitte mal ganz laut HIER schreien: Wer ist NICHT mit der „Sendung mit der Maus“ aufgewachsen? Also, ich war zur Erstausstrahlung 11 Jahre – eigentlich das ideale Alter. Nur: Wir hatten damals gar keinen Fernseher. Spielte aber keine Rolle, denn auch später noch wurde mein Denken mit dieser Art des Fragens komplett auf den Kopf gestellt. Was vielleicht ganz gut war – sonst hätte ich den Unterschied zu der mir bekannten Art des Fragens („Warum hast du das nicht gleich gesagt!?“ Oder: „Wie oft soll ich dir das denn noch sagen?!“) gar nicht bemerkt. Und sicher nicht umsonst liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer/innen von Maus-Sendungen bei knapp 40 Jahren …
Raffiniert blöd-witzig-ernste Fragen
Ich glaube, ich war schon 17 oder 18, als ich die erste Sendung aus Versehen sah – denn natürlich hätte ich in dem Alter freiwillig nie und nimmer Kindersendungen geguckt! Und diese raffiniert blöd-witzig-ernste Art des Fragens der Sachgeschichten hat mich tief geprägt … Viel tiefer, als ich anfangs bemerkt habe. Ich habe das weder bewusst wahrgenommen noch etwa analysiert. Aber: beides lohnt sich. Wie wird da eigentlich gefragt?! Christoph Biemann – einer der „Mausväter“ – sagt in einem Interview, es sei eigentlich ganz einfach: „Die Maus beantwortet Fragen, die Erwachsene sich nicht mehr zu fragen trauen.“ Das sei eigentlich schon das ganze Geheimnis. Rechnet man noch unsere immer komplizierter werdende Welt dazu, hat man auch schon die Erklärung, warum das „Maus-Prinzip“ mittlerweile in verschiedene Nachrichtensendungen Einzug hält.
„Ich versteh‘ die Welt nicht mehr!“
Da ist es dann auch schon kein Wunder mehr, dass Tim Schreder, Kindernachrichten-Moderator bei „logo!“ und seine Kollegin Jennifer Sieglar ein Buch wie „Ich versteh die Welt nicht mehr“ geschrieben haben (Bestellen? Über den Shop der Autorenwelt hier). Ich habe die beiden mal in einer Talkshow gesehen, als sie über die Unterschiede – oder eben nicht! – von Nachrichten für Kinder und Erwachsene sprachen. Sie sagten da in etwa – meiner Erinnerung nach:
- Keine Nachrichtensendung der Welt kann mehr voraussetzen, dass alle Zuschauer/innen genügend Hintergrundwissen haben, um „Nahost-Konflikt“ oder „Energiewende“ wirklich auf Anhieb so einordnen zu können, damit eine einzelne, aktuelle Meldung auch verständlich wird.
- Genau aus diesem Grund findet mit dem Generationenwechsel auch in den wichtigsten Nachrichtensendungen langsam ein Umdenken statt. Auch hier kommt es mehr und mehr darauf an, die RICHTIGEN Fragen zu stellen – zum Beispiel: Was können wir an Vorwissen voraussetzen? Welche Bedürfnisse haben unsere Zuschauer/innen? Und: Genügt es wirklich, immer nur auf tagesaktuelle Nachrichten zu setzen?
Fragen sind das A und O jeder Kommunikation!
Ich finde die Fragen von Schreder und Sieglar durchaus wichtig. Nicht zuletzt darum, weil mangelndes Vorverständnis sicher nicht an der „Dummheit“ der Zuschauer/innen liegt, aber durchaus auch ein Grund dafür ist, warum das böse Wort der „Lügenpresse“ so schnell auf fruchtbaren Boden fallen konnte. Das richtige Fragen ist schließlich eine Hauptdomäne des Journalismus. Und da frage ich mich: Müssen nicht auch den Zuschauer/innen langsam mal die richtigen, neue, andere Fragen gestellt werden, statt immer nur dem gerade vor der Kamera stehenden Gesprächspartner? Das ist ein weites Feld … Aber immer geht es um Kommunikation. Und Fragen sind das A und O jeder gelingenden Kommunikation. Ganz egal, ob beim Bücherschreiben, im Journalismus, in einer Coachingsitzung oder in Nachrichtensendungen. In jedem privaten Gespräch natürlich auch.
WIE frage ich?
Kaum in Frage steht die Erkenntnis: Fast alle großen Denk-, Arbeits- und Forschungsbereiche sind extrem davon abhängig, ob und wie die richtigen, ganz neuen, nie gedachten, möglichst präzisen, möglichst verständlichen Fragen gestellt werden. Und noch besser ist es, wenn der Fragende in der Lage ist, über seinen „Tellerrand“ zu schauen, nicht in seiner „Filterblase“ hocken bliebt – und dadurch immer nur das fragt, was sowieso erwartet wird. In meiner Arbeitswelt fallen drei Bereiche dabei besonders ins Gewicht: Philosophie – im Sinn von Lebenskunst, Kommunikation/Journalismus/Verfassen und Vermarkten von Texten und der große Bereich von Coaching.
Für mich liegt der wichtigste Unterschied verschiedener Frage-Ansätze immer darin, WIE jeweils gefragt wird. Liegt etwa meine erwünschte Antwort schon in der Frage? Setzte ich beim Fragen zu viel oder zu wenig voraus? Benutzte ich eine Sprache, die mein Gegenüber auch versteht? Frage ich mit Respekt – oder eher nicht?
Wer sich das bewusst macht, dem hilft das Fragen. Immer.
Ach ja: Dies ist der Beginn einer Serie rund um die Kunst des Fragens. Alle Beitrage finden Sie. Und manche auch im Journal der edition texthandwerk.